Interkultureller Verein Mostik feierte sein fünfjähriges Bestehen
(ds) Sein fünfjähriges Bestehen kann der Interkulturelle Verein „Mostik“ in diesen Tagen feiern, und er hat sich in dieser Zeit einen wichtigen Platz in der kulturellen Landschaft der Stadterarbeitet. Der erste große Schrittaus dem schützenden Dach der evangelischen Gemeindearbeit war die Ausstellung im Stadtmuseum: das russisch-deutsche Haus. Dargestellt wurde eine typische Stube mit originalen Einrichtungsgegenständen. Ein Gedenkraum informierte über die verschiedenen Epochen der Verfolgung mit Arbeitslager und Deportation. Den christlichen Glauben als Teil ihrer deutschen Identität bezeugte die Betstube. Im Korridor wurde der lange Weg durch das zermürbende mehrjährige Aufnahmeverfahren dokumentiert. „Tausende besuchten damals die Ausstellung, und auch die russisch-deutschen Familien selbst entdeckten ihre eigene Familiengeschichte neu“, berichtet die Vorsitzende Katharina Bakaev. „In vielen Familien ist über die Vergangenheit nie gesprochen worden. Man wollte die oft traumatischen Erfahrungen vergessen, wollte die Kinder nicht mit den eigenen Schatten belasten oder hatte einfach genug damit zu tun, selbst in der neuen Heimat anzukommen. „Aus der Ausstellung heraus entstand ein neues Bewusstsein für die eigene Geschichte und Herkunft und die Idee, in einem Verein die Auseinandersetzung damit zu begleiten. Der Name des Vereins „Mostik“ setzt sich zusammen aus dem russischen Wort „Most“ für Brücke und den ersten Buchstaben von „Inter-Kulturell“.
|Aktive Jugend
Die beiden Buchstaben bilden gleichzeitig die russische Verkleinerungsform. Der Verein möchte eine Brücke – oder wenigstens ein Brücklein – bauen zwischen Herkunft und Zukunft, zwischen der Vielfalt der Kulturen aus dem russischen Vielvölkerstaat und der einheimisch bayerisch-deutschen. Vor allem aber zwischen den Menschen, die, wo immer sie auch leben, auf der Suche nach Glück sind, wie das „Projektbuch vom Glück“ eindrucksvoll schildert, in dem Kinder aus sechs Nationen ihre Vorstellung von Glück in kleinen Aufsätzen beschreiben. In verschiedenen Chören und Tanzgruppen treffen sich die 72Mitglieder und Freunde des Vereinsregelmäßig und bieten auch hier ein Programm, das über Folklore hinausgeht. Zum Jahreswechsel wird regelmäßig in einer Jolka-Feier die deutsche und russische Märchenwelt in einem Theaterspiel für Kinder verbunden und in beide Sprachen übersetzt. In all diesen Aktivitäten habengerade diejenigen ein Ventil gefunden, die bereits als Erwachsene kamen und deren Schul- und Berufsabschlüsse damals nichtanerkannt wurden. Welche Kapazitäten hier in Ehrenamt und Hobby fließen, lässt sich am kulturellen Anspruch, an der liebevollen Gestaltung und der perfekten Umsetzung aller Aktivitäten ablesen. Inzwischen gibt es eine Generation von Jugendlichen, die schon in Deutschland geboren wurde und Russland nur von Reisen her kennt. So war die Gründung einer Jugendgruppe logische Konsequenz, um dem geänderten Blickwinkel auch im Verein Geltung zu verschaffen. Die aktiven Jugendlichen unter dem Vorsitz von Lena Miller präsentierten sich bereits mit Musik, Tanz und Schauspiel auf der Donaugartenschau und besuchten in den Pfingstferien Moskau und die Schule Nr. 1100, mit der das Buch vom Glückentstanden war. Klar ist, dass bei so viel Begeisterung und Engagement die Geburtstagsfeier auf eine ganze Woche ausgedehnt werden muss. „Es gab so viele Ideen und Projekte, und eins führte zum anderen“, entschuldigte sich Vorsitzende Katharina Bakaev beinahe.
Quelle: Donauanzeiger, 10. November 2015